Fristlose Kündigung – Was nun?


Fristlose Kündigung vs. ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Eine fristlose Kündigung gehört zu den einschneidendsten Massnahmen im Arbeitsverhältnis. Sie beenden das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Kündigungsfristen müssen dabei anders als bei einer ordentlichen Kündigung nicht eingehalten werden. Dadurch, dass eine fristlose Kündigung weitreichende Konsequenzen hat für den Arbeitnehmer wie auch für den Arbeitgeber, stellt das schweizerische Arbeitsrecht hohe Anforderungen an deren Zulässigkeit.

Welche Voraussetzungen müssen für eine gerechtfertigte fristlose Kündigung erfüllt sein und was geschieht, wenn die fristlose Entlassung zu Unrecht ausgesprochen wurde?


Was bedeutet eine fristlose Kündigung der Arbeitsstelle?

Die fristlose Kündigung ist eine ausserordentliche Form der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung beendet die fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis sofort, also mit sofortiger Wirkung ab dem Zeitpunkt, an dem sie der anderen Partei mitgeteilt wird.


Was sind die Voraussetzungen, damit eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist?

Nach Art. 337 Abs. 1 OR kann der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber jederzeit aus wichtigen Gründen das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen. Als wichtiger Grund gilt jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Dies ist bspw. bei einer schwerwiegenden Verfehlung des Arbeitnehmers der Fall. Bei weniger schwerwiegenden Verfehlungen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber zuerst eine Abmahnung aussprechen, bevor er ihm fristlos kündigt. Ob ein wichtiger Grund vorhanden ist, muss immer im Einzelfall beurteilt werden unter Würdigung aller Umstände.

Beispiele, in denen ein solcher wichtiger Grund bejaht wurde:

  • Diebstahl gegenüber dem Arbeitgeber
  • Arbeitsverweigerung trotz mehrfachen Mahnungen
  • Gewalttaten gegenüber Mitarbeitern oder Vorgesetzten
  • Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Auf Verlangen hat die kündigende Partei dem Gekündigten eine schriftliche Begründung für die fristlose Kündigung vorzulegen.


Was sind die Folgen einer gerechtfertigten fristlosen Kündigung?

Bei einer fristlosen Entlassung wird das Arbeitsverhältnis sofort beendet. Die gegenseitigen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag erlöschen sofort (Ausnahmen bei vertraglichen Konkurrenzverboten). Der Arbeitnehmer muss somit keine Arbeitstätigkeit mehr leisten, erhält aber auch keinen Lohn mehr. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden gemäss Art. 339 Abs. 1 OR alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig. Der Arbeitnehmer kann also zu diesem Zeitpunkt seinen Lohn fordern für die bereits geleistete Arbeitszeit.

Liegt der wichtige Grund zur fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses im vertragswidrigen Verhalten einer Vertragspartei, so hat diese gemäss Art. 337b Abs. 1 OR vollen Schadenersatz zu leisten. Hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber beispielsweise bestohlen, dann hat der Arbeitnehmer dafür vollen Schadenersatz zu leisten.


Was sind die Folgen einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung?

Auch bei einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung, wird das Arbeitsverhältnis per sofort beendet. Die fehlende Rechtfertigung hat also keinerlei Einfluss auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses. Entlässt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristlos ohne wichtigen Grund, so hat dieser gemäss Art. 337c Abs. 1 OR Anspruch auf Ersatz dessen, was er verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist beendet worden wäre. Zudem kann der Richter den Arbeitgeber gemäss Art. 337c Abs. 3 OR verpflichten, dem Arbeitnehmer eine Entschädigung (Pönale) zu bezahlen, die er unter Würdigung aller Umstände festlegt. Diese Entschädigung soll die Schwere des Eingriffs ausgleichen. Sie beträgt bis zu sechs Monatslöhnen (i.d.R. sind 1-3 Monatslöhne realistisch).


Wie muss eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden?

In der Schweiz kann eine fristlose Kündigung grundsätzlich formfrei ausgesprochen werden. Das heisst, dass sie auch dann gültig ist, wenn sie mündlich erfolgt. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich jedoch, sie schriftlich zu verfassen, vor allem per eingeschriebenem Brief.

Die fristlose Kündigung ist empfangsbedürftig, das bedeutet, sie wird erst wirksam, wenn sie die empfangende Person erreicht. Gemäss der Empfangstheorie gilt eine Kündigung per Einschreiben als zugestellt, sobald das Schreiben aufgrund der Abholeinladung bei der Post abgeholt werden könnte. Es kommt nicht darauf an, ob oder wann der Brief tatsächlich abgeholt wurde. Zu beachten ist jedoch, dass Einschreiben am Wochenende nicht zugestellt werden. Wird die Kündigung hingegen mit A-Post Plus verschickt, gilt sie als zugestellt, sobald die Postsendung in den Briefkasten gelegt wurde. Im Gegensatz zu den Einschreiben, kann eine Zustellung auch samstags erfolgen.

Wenn ein Arbeitgeber jemanden fristlos kündigen will, muss er schnell handeln. Passiert etwas am Arbeitsplatz, das eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnte, hat der Arbeitgeber grundsätzlich nur zwei bis drei Arbeitstage Zeit, um zu entscheiden, ob er der betreffenden Person kündigt. Reagiert er nicht in dieser Zeit, darf er dem Arbeitnehmer nicht mehr fristlos kündigen. Denn das Zuwarten deutet darauf hin, dass das Fortführen des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist und dass somit kein wichtiger Grund vorliegt.


Zustellung der Kündigung während den Ferien

Wird einem Arbeitnehmer während seiner Ferienabwesenheit gekündigt, sind diverse Besonderheiten zu beachten. Verbringt der Arbeitnehmer seine Ferien zuhause und nimmt seine Post entgegen, gilt die per Einschreiben versandte Kündigung als zugestellt. Ist der Arbeitnehmer jedoch während seinen Ferien verreist, kann er von der Kündigung keine Kenntnis erlangen, weil er die Post nicht empfangen kann. Die Kündigung gilt somit noch nicht als zugestellt.

Wie bereits erwähnt, ist eine fristlose Kündigung nicht an eine Schriftform gebunden. Theoretisch könnte eine Kündigung während den Ferien per SMS oder per Telefon erfolgen. Bei Kündigungen per SMS oder WhatsApp wird unterschieden, ob der Arbeitgeber regelmässig über SMS oder WhatsApp mit dem Arbeitnehmer kommuniziert. Ist dies der Fall, so ist die Kündigung auf diesem Weg grundsätzlich zulässig. Von diesem Weg ist jedoch ebenfalls aus Beweisgründen abzuraten, denn die kündigende Partei trägt die Beweislast. Der Arbeitgeber müsste also hier beweisen können, dass der Arbeitnehmer die SMS auch tatsächlich gelesen und zur Kenntnis genommen hat.


Rechtliches Vorgehen bei Streit um die fristlose Kündigung

Ist ein Arbeitnehmer mit der fristlosen Kündigung nicht einverstanden, kann er rechtlich dagegen vorgehen. Der erste Schritt ist in der Regel ein Schlichtungsverfahren vor der zuständigen kantonalen Schlichtungsbehörde nach Art. 197 ff. ZPO. Kommt es bei der Schlichtungsverhandlung zu keiner Einigung, erhält der Arbeitnehmer gemäss Art. 209 Abs. 1 ZPO eine Klagebewilligung. Ab diesem Zeitpunkt hat er drei Monate Zeit, eine Klage beim zuständigen Gericht einzureichen. Wird diese Frist nicht eingehalten, verliert die Klagebewilligung ihre Gültigkeit und der Arbeitnehmer muss das Schlichtungsverfahren erneut durchlaufen.

Das Schlichtungs- und Gerichtsverfahren bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis sind kostenlos, soweit der Streitwert unter CHF 30‘000.- liegt (vgl. Art. 113 f. ZPO). Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer häufig auch ohne finanzielles Risiko seine Ansprüche geltend machen kann. Ein allfälliger Anwalt wird davon nicht umfasst.


Weiterführende Informationen



Blog Rechtswissen.ch

Céline Weber und Michelle Weber

Juristische Bloggerinnen bei Rechtswissen.ch

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