Das wichtige Urteil des Bundesgerichts vom 13. August 2024
Am 13. August 2024 hat das Bundesgericht, das höchste Gericht in der Schweiz, ein wichtiges Urteil (Urteil 5A_691/2023 vom 13. August 2024) gefällt, welches die bislang ungeklärte Methode zur Berechnung von Monatsfristen in Zivilprozessen klärt. Viele Jahre wurde über die genaue Berechnung von Monatsfristen diskutiert und das Bundesgericht hat die strittige Angelegenheit bis zum 13. August 2024 offengelassen. Mit diesem Leitentscheid soll die Fristenberechnung endlich einheitlich geklärt werden.
Wie wurden Fristen bis jetzt berechnet?
Nach Art. 142 Abs. 1 ZPO beginnt eine Frist, welche nach Tagen berechnet wird, am Folgetag des Empfangs zu laufen. Wenn ich also beispielsweise eine Verfügung per Einschreiben am 4. April erhalte, dann beginnt die Frist am 5. April zu laufen. Diese Regelung gilt weiterhin.
Bei der Berechnung einer Monatsfrist hält Art. 142 Abs. 2 ZPO fest, dass eine solche Frist im letzten Monat an dem Tag, der dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem die Frist zu laufen begann, endet. Fehlt der entsprechende Tag, so endet die Frist am letzten Tag des Monats. Vor der Veröffentlichung des bundesgerichtlichen Entscheids war unklar, an welchem Tag die Frist ausgelöst wird bei einer Monatsfrist. Ein Teil der Lehre ging davon aus, dass auch Art. 142 Abs. 1 ZPO zur Anwendung kommen sollte, wonach die Frist am nächsten Tag zu laufen beginnt. Das Bundesgericht hat diese Methode nun verworfen.
Was ändert sich mit dem Urteil des Bundesgerichts?
Mit dem Leitentscheid des Bundesgerichts wird einzig die Berechnung der Monatsfristen geklärt. An der Berechnung von Fristen nach Tagen ändert sich nichts.
Das Bundesgericht hat entschieden, dass eine Monatsfrist nicht erst am Folgetag des Empfangs zu laufen beginnt, sondern an dem Tag, an dem das Schreiben empfangen wurde, also am Tag des Ereignisses, das die Frist auslöst. Habe ich beispielsweise ein Schreiben am 17. September erhalten, in dem eine Frist von zwei Monaten angesetzt wurde, dann beginnt die Monatsfrist am 17. September und endet am 17. November.
Fraglich ist, wie die Monatsfrist berechnet wird, wenn ein Brief mit einer Frist während dem Fristenstillstand (Gerichtsferien) zugestellt wird. Das Problem in diesem Fall liegt darin, dass während dem Fristenstillstand grundsätzlich keine Fristen ausgelöst werden dürfen, sondern erst am Folgetag nach dem Ende des Fristenstillstands. Auch in Art. 146 Abs. 1 ZPO wird festgehalten, dass die Frist am ersten Tag nach dem Ende der Gerichtsfereien zu laufen beginnt. Das würde bedeuten, dass wenn ich eine Verfügung mit einer Monatsfrist von drei Monaten (Beispielsweise bei einer Klagebewilligung nach einer erfolglosen Schlichtung) am 22. Dezember erhalte, die Frist am 3. Januar (Fristenstillstand vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar) zu laufen beginnt und am 3. April endet.
Es ist fraglich, ob diese Berechnungsmethode mit der neuen Bundesgerichtspraxis vereinbar wäre. Das Bundesgericht hat sich jedoch zur Berechnung der Monatsfristen während des Fristenstillstands nicht geäussert, weshalb die Frage ungeklärt bleibt.
Mit dem Fristenrechner können sämtliche Fristen mit wenigen Klicks ganz einfach berechnet werden. Die neuen Vorgaben für die Berechnung von Monatsfristen werden im Fristenrechner bereits berücksichtigt.
Welche Auswirkungen hat der bundesgerichtliche Leitentscheid für Sie?
Für diejenigen, die aktuell oder künftig einen Zivilprozess durchlaufen, bedeutet dies, dass die angesetzten Monatsfristen mit den neuen Vorgaben des Bundesgerichts berechnet werden müssen. Das Urteil des Bundesgerichts gilt ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung und ist damit ab sofort verbindlich. Die neuen Vorgaben für die Berechnung der Monatsfristen müssen also in allen laufenden und zukünftigen Zivilverfahren angewendet werden. Vermutungsweise wird die neue Berechnungsmethode künftig auch in anderen Verfahren angewendet.
Wird eine Frist mit der früheren Berechnungsmethode berechnet, dann kann das zur Folge haben, dass die Frist verstrichen ist und die Rechte des Einzelnen nicht gewahrt werden können.
Aus diesem Grund ist es enorm wichtig, dass die Fristen genau berechnet und zusätzlich mit dem Fristenrechner überprüft werden, damit Sie sicher keine Fristen verpassen.
Weiterführende Informationen
- Rechtsauskunft: 15 Minuten für CHF 40.-
- Tool: Fristenrechner
- Urteil 5A_691/2023 vom 13. August 2024
- Blogbeitrag: Unentgeltliche Rechtspflege – Voraussetzungen
Céline Weber und Michelle Weber
Juristische Bloggerinnen bei Rechtswissen.ch
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