Erbrecht: Wann ist eine Enterbung zulässig?

Der gängige Rechtsmythos lautet: “Wenn ich Streit mit meinen Kindern habe, dann kann ich diese einfach enterben”.

Diese Aussage ist falsch. Eine Enterbung ist nur in wenigen vom Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig und deshalb nicht leicht durchzusetzen.

  • Strafenterbung: Nach Art. 477 ZGB ist eine Enterbung dann möglich, wenn der Erbe gegen den Erblasser oder eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat. Ausserdem ist die Enterbung denkbar, wenn der Erbe gegenüber dem Erblasser oder einem seiner Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat. Es handelt sich in beiden Fällen um schwerwiegendes Fehlverhalten. Ein blosser Streit, die Entfremdung oder der Kontaktabbruch genügen – anders als im Fernsehen – grundsätzlich nicht, um Ihre Angehörigen zu enterben. Im Vordergrund steht hier die Missachtung von Unterstützungspflichten gegenüber Verwandten (häufig Kindern) und Pflichten zwischen Ehegatten. Die Straftat wiederum muss den Erblasser persönlich schwer treffen. Falls das Opfer dem Erblasser nicht nahesteht, genügt dies nicht.
  • Präventiventerbung: Falls gegen einen zahlungsunfähigen Nachkommen des Erblassers Verlustscheine bestehen, so kann er dem Erben die Hälfte seines Pflichtteils entziehen. Dies geht jedoch nur, wenn er den entzogenen Pflichtteil den vorhandenen und später geborenen Kindern dieses Erben zuwendet. Wenn die Verlustscheine beim Tod nicht mehr bestehen oder der Gesamtbetrag 1/4 des Erbteils nicht übersteigt, fällt die Enterbung auf Verlangen des Enterbten wieder dahin.

Von einer Enterbung spricht man nur dann, wenn einem Erben der ihm zustehende Pflichtteil entzogen werden soll. Ein Pflichtteilsschutz besteht ausschliesslich bei Nachkommen, Eltern und Ehepartnern. Falls man eine andere Person vom Erbe ausschliessen möchte, dann ist dies grundsätzlich problemlos möglich und es handelt es sich nicht um eine “Enterbung”. (Berechnen Sie die Erbteile und Pflichtteile jetzt kostenlos mit unserem Erbrechner.)

Der Erblasser muss den Enterbungsgrund im Testament festhalten, damit dieser überhaupt gültig sein kann. Der Enterbte kann die Enterbung anfechten und seinen Pflichtteil durch eine besondere Form der Ungültigkeitsklage (Art. 479 ZGB) vor Gericht geltend machen. In diesem Fall müssen diejenigen die Richtigkeit der Enterbung beweisen, die aus dieser einen Vorteil ziehen.

Von der Enterbung ist die Erbunwürdigkeit (Art. 540 ZGB) zu unterscheiden. Mit der Erbunwürdigkeit werden Taten bestraft, auf die der Erblasser nicht mehr reagieren kann. Dazu gehören z.B. die Tötung des Erblassers oder die Zerstörung des Testaments.

Fazit:

Eine Enterbung ist nur in den wenigsten Fällen durchsetzbar und deshalb zurückhaltend auszusprechen. Vorher sollten andere Wege (wie z.B. das Setzen auf den Pflichtteil oder eine einvernehmliche Regelung mittels Erbvertrag) gesucht werden.

Das Gesetz sieht folgende Enterbungsgründe vor:

  • schwere Straftat gegen den Erblasser oder eine diesem nahe verbundene Person
  • schwere Verletzung familienrechtlicher Pflichten
  • Es liegen bei Nachkommen Verlustscheine vor (hier nur teilweise Enterbung)


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Robin Eschbach

Rechtsanwalt, Mitbegründer von Rechtswissen.ch
Partner bei Advokatur am Fischmarkt, 4410 Liestal

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