Es gibt Situationen, in denen es notwendig ist, eine Strafanzeige oder einen Strafantrag einzureichen, um rechtliche Schritte gegen eine Person oder Organisation einzuleiten. In diesem Blogbeitrag erklären wir den Unterschied zwischen einer Strafanzeige und einem Strafantrag. Darüber hinaus erfahren Sie, wie Sie einen Strafantrag fristgerecht einreichen und was ein Privatkläger ist.
Unterschied zwischen Strafanzeige und Strafantrag
Im Schweizer Recht gibt es zwei Arten von Strafverfahren: Straftaten, die von Amtes wegen verfolgt werden und solche, die auf Antrag verfolgt werden. Mir einer Strafanzeige wird die Polizei darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine Straftat untersucht werden soll.
Wird eine Straftat von Amtes wegen verfolgt, dann bedeutet dies, dass die Strafverfolgungsbehörden, wie Staatsanwaltschaft und Polizei, verpflichtet sind, von sich aus tätig zu werden. Beispiele für solche Delikte sind Raub, Vergewaltigung oder schwere Körperverletzung. Das Opfer oder ein Zeuge kann eine Strafanzeige erstatten, um die Strafverfolgungsbehörden auf ein mögliches Delikt aufmerksam zu machen.
Ein Strafantrag ist hingegen bei Delikten zusätzlich erforderlich, die auf Antrag verfolgt werden. Das bedeutet, dass das Opfer selbst aktiv werden und einen Antrag stellen muss, damit ein Strafverfahren eingeleitet wird. Diese Delikte sind in der Regel weniger schwerwiegend, wie beispielsweise einfache Körperverletzung, üble Nachrede oder Sachbeschädigung.
Die dreimonatige Frist für Strafanträge
Bei Delikten, die auf Antrag verfolgt werden, muss das Opfer den Strafantrag innerhalb einer bestimmten Frist stellen. Gemäss Schweizer Recht beträgt diese Frist drei Monate ab dem Zeitpunkt, an dem das Opfer Kenntnis von der Tat und der Identität des Täters erlangt hat (Art. 31 StGB). Diese Frist ist absolut und kann nicht verlängert werden. Verstreicht sie ungenutzt, ist eine Strafverfolgung nicht mehr möglich.
Wie reiche ich eine Strafanzeige oder einen Strafantrag ein?
Um eine Strafanzeige oder einen Strafantrag in der Schweiz einzureichen, können Sie folgende Schritte unternehmen:
- Polizei kontaktieren: Sie können persönlich bei einer Polizeidienststelle vorstellig werden oder die Polizei telefonisch oder online kontaktieren. Erklären Sie den Sachverhalt und teilen Sie den Beamten mit, ob Sie eine Strafanzeige und/oder einen Strafantrag stellen möchten.
- Schriftliche Anzeige und/oder Antrag: In manchen Fällen ist es ratsam, Ihre Strafanzeige oder Ihren Strafantrag schriftlich einzureichen. Dazu verfassen Sie ein Dokument, in dem Sie den Sachverhalt und die beteiligten Personen beschreiben und erklären, dass Sie eine Strafverfolgung wünschen und einen Strafantrag stellen.
Kann eine Strafanzeige oder ein Strafantrag zurückgezogen werden? Was ist eine Desinteresseerklärung?
Es kann vorkommen, dass jemand nach dem Einreichen einer Strafanzeige oder eines Strafantrags seine Meinung ändert und das Verfahren nicht weiterverfolgen möchte. Die Möglichkeit, ein Verfahren einzustellen oder die Anzeige bzw. den Antrag zurückzuziehen, hängt von der Art des Delikts und dem Verfahrensstadium ab.
Bei Delikten, die von Amts wegen verfolgt werden, hat das Opfer keine Möglichkeit, das Verfahren durch einen “Rückzug der Anzeige” einzustellen. Sobald die Strafverfolgungsbehörden Kenntnis von einem möglichen Delikt erhalten haben, sind sie verpflichtet, die Ermittlungen aufzunehmen und gegebenenfalls Anklage zu erheben. Ein “Rückzug der Anzeige” hat in solchen Fällen keine rechtlichen Auswirkungen.
Bei Delikten, die auf Antrag verfolgt werden, kann das Opfer durch eine Desinteresseerklärung signalisieren, dass es kein Interesse mehr an der Fortführung des Verfahrens hat. Diese schriftliche Erklärung muss der zuständigen Behörde vorgelegt werden.
Die Desinteresseerklärung führt jedoch nicht automatisch zur Einstellung des Verfahrens. Die Behörden können dennoch entscheiden, das Verfahren fortzusetzen, wenn sie dies für notwendig halten. Die Desinteresseerklärung sollte gut überlegt sein und, falls erforderlich, mit einem Rechtsanwalt besprochen werden.
Was ist ein Privatkläger?
Ein Privatkläger ist eine Person, die durch eine Straftat direkt geschädigt wurde und daher ein besonderes Interesse an der Strafverfolgung und Bestrafung des Täters hat. Im Schweizer Recht hat der Privatkläger die Möglichkeit, im Strafverfahren aktiv teilzunehmen und bestimmte Rechte geltend zu machen, die über die Rolle eines normalen Zeugen oder Geschädigten hinausgehen.
Einige der wichtigsten Rechte eines Privatklägers sind:
- Akteneinsicht: Der Privatkläger hat das Recht, Einsicht in die Ermittlungsakten zu nehmen und sich so über den Stand des Verfahrens zu informieren. Dies kann helfen, die eigene Position im Verfahren besser einzuschätzen und gegebenenfalls weitere Beweise oder Argumente vorzubringen.
- Beteiligung an Hauptverhandlungen: Der Privatkläger hat das Recht, an den Hauptverhandlungen teilzunehmen, Fragen an den Angeklagten oder Zeugen zu stellen und eigene Beweisanträge zu stellen. Dadurch kann der Privatkläger aktiv zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen. Einfluss auf die Bestrafung oder die Strafhöhe hat man als Privatkläger grundsätzlich nicht.
- Geltendmachung von Zivilforderungen: Der Privatkläger kann seine eigenen rechtlichen Interessen im Strafverfahren vertreten. Dies kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn der Privatkläger Schadenersatz oder Genugtuung von dem Täter verlangt.
Um die Stellung als Privatkläger im Strafverfahren einzunehmen, müssen Sie dies der Strafverfolgungsbehörde (Polizei oder Staatsanwaltschaft) mitteilen und einen entsprechenden Antrag stellen. Dabei ist es ratsam, die Unterstützung eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, um Ihre Rechte und Interessen bestmöglich zu vertreten.
Weiterführende Informationen
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Robin Eschbach
Rechtsanwalt, Mitbegründer von Rechtswissen.ch
Partner bei Advokatur am Fischmarkt, 4410 Liestal
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